Zum Saisonstart in Kranichstein kommt auch Olympiasiegerin Dorothee Schneider / Platz zwei für Claudia Feldmann
Von Udo Döring
DARMSTADT. Die Wettkampfpause war kurz – wenn man in Corona-Maßstäben und an andere Sportarten denkt. Sechs Wochen, nachdem der zweite Lockdown für die einzige Absage gesorgt hatte, nahm der Turnierbetrieb auf dem Hofgut Kranichstein wieder Fahrt auf. „Wir haben enormen Zuspruch. Die Reiter scheinen richtig ausgehungert zu sein“, erklärte Stefan Schäfer, der diesem Drang mit Turnieren im Wochenrhythmus gerecht werden will. Wegen des ebenso spürbaren Argwohns betont Andreas Wendenburg als Mitverantwortlicher, dass weiterhin nur Berufs- und Kaderreiter ins Viereck dürfen. Anders als in vielen anderen Bundesländern lassen Hessens Corona-Regeln Turniere dieser Art zu.
Zu den Regeln gehört auch: keine Zuschauer und nur ein Begleiter pro Teilnehmer. So verliert sich ein Dutzend Personen – inklusive Wertungsrichter und Reiter – in der gut 1500 Quadratmeter großen Halle des Hofguts. Da reitet selbst eine Olympiasiegerin vor leeren Tribünen. Was für Dorothee Schneider derzeit normal ist, beim Weltcup eine Woche zuvor in Salzburg war es nicht anders. „Ich komme einfach gerne nach Darmstadt. Ich finde es schön, dass wir hier die Möglichkeit bekommen, die Pferde zu präsentieren.“ Diese Möglichkeiten sind derzeit rar, zudem war eine S* Dressur mit Trense im Angebot. „Ich nutze solche Prüfungen gerne, denn ich bin jemand, der auch gerne auf Trense ausbildet“, erklärte die Mannschafts-Olympiasiegerin, die auf „Heideblüte“ mit 70,721 Prozentpunkten einen für sie eher ungewohnten zweiten Platz hinter Hendrick Lochthowe (RFV Griedel/72,342) belegte. „Es war seine erste S*-Prüfung und er hat sich ein bisschen viel ablenken lassen“, beschrieb Schneider den Lernprozess des jungen Wallachs. „Ich hatte mir diese Prüfung aber auch gewünscht, weil es eine gute Gelegenheit ist, junge Pferde an S-Niveau heranzuführen.“
Diese Gelegenheit nutzte auch Jennifer Buda für „Don Diegos“ Debüt auf S-Niveau. „Ich bin sehr zufrieden, er hat ja gerade erst das Mindestalter dafür erreicht und war eines der jüngsten Pferde in der Prüfung“, erklärte die für den RFV Trebur reitende Wallerstädterin und zeigte sich auch nachsichtig mit einer außerplanmäßigen Sprungeinlage ihres sieben Jahre alten Wallachs: „In dem Moment dachte ich: Das darf doch nicht wahr sein. Bis dahin lief er so schön“. Reiterin und Pferd fanden schnell zur Konzentration zurück. Aber bei einer Endnote von 64,820 fehlten eben die Prozentpunkte, um sich im dichten Mittelfeld der 67er-Noten einzusortieren.
Besser lief es für Claudia Feldmann, die auf ihrer „Betty Barclay“ mit 68,509 Prozentpunkten in der S**-Prüfung zum Abschluss des Dressurtags (zwei Springtage folgten noch) nur hinter Eyal Zlatin (RFV Griedel/70,263) auf „Rockmusik“ lag. Die Reiterin des RFV Griesheim nutzte den Saisonauftakt in Heimatnähe gerne, um mehrere Pferde die erste Wettkampfluft des Jahres schnuppern zu lassen. Schon in vier Wochen gibt es für die Dressurreiter die nächste Gelegenheit. Was Dorothee Schneider ein bisschen in die Zwickmühle bringt. „Leider ist am gleichen Wochenende ein Weltcup in Doha. Dort herrschen beste Bedingungen, und anders als in den vergangenen Jahren hätte ich auch ein passendes Pferd“. Mit dem sie sich zudem für Olympia empfehlen will, auch wenn sie die Aussichten eher verhalten bewertet: „Wenn die Spiele aus gesundheitlichen Gründen für uns alles ausfallen müssen, dann ist das halt so. Wenn es nur so eine halbe Sache wird, sollte man es besser bleiben
lassen“. Sollte wiederum die Reise nach Doha auch logistisch zu aufwendig werden, reitet sie gerne wieder in Darmstadt – auch vor leeren Rängen.